Wo sind sie? Wie bewegen sie sich fort? Wie verwandeln sie sich? Französische Forscher wollen die rund 290 Milliarden Mikro-Abfallteile, die im Mittelmeer schwimmen, in diesem Sommer genauer unter die Lupe nehmen.
Im Rahmen der Mission "Mittelmeer in Gefahr" werden Wissenschaftler ab Ende Juli mit einem 17 Meter langen Segelboot drei Wochen lang in einem Gebiet zwischen dem ligurischen Meer vor der italienischen Küste und der französischen Côte d'Azur unterwegs sein.
Unterstützt von freiwilligen Helfern werden die Forscher regelmäßig Wasserproben entnehmen. Damit könne der Anteil von Müll-Teilchen pro Quadratmeter gemessen werden, erläutert Expeditionschef Bruno Dumontet.
Analyse der Verteilung der Müllteilchen
Dank der Analyse von Satellitenbildern könnten die Forscher anschließend die Strömungen ausmachen und damit die Art und Weise, wie sich die zumeist aus Plastik bestehenden Müllteilchen fortbewegen und im Meer verteilen.
Bei zwei ähnlichen Einsätzen hatten Wissenschaftler in den Jahren 2010 und 2011 bereits herausgefunden, dass die "Müllsuppe" im Mittelmeer insgesamt konzentrierter ist als im Atlantik und Pazifik.
Dank der neuen Mission wollen sie nun eine Karte über die Müllbelastung des Mittelmeers erstellen. Sie soll beispielsweise den Kommunen an der Küste ein effizienteres Vorgehen gegen die zunehmende Verschmutzung ermöglichen.
Außerdem könnten dank der Karte gezielt Kontrollposten errichtet werden, betont Gabriel Gorsky vom Meeres-Observatorium im südfranzösischen Villefranche-sur-Mer, das die Mission koordiniert.
Müll löst sich in immer kleiner Teilchen auf
Besonders stark sei die Verschmutzung naturgemäß in der Nähe größerer Städte oder nahe von Flussmündungen, erläutert Gorsky. Die Strömungen spielten aber auch eine große Rolle. So werde der Müll fortgeschwemmt und löse sich im Laufe der Zeit in winzige Teilchen auf.
Diese landeten in der Lebensmittelkette - und damit etwa über Fisch in unseren Tellern. "Letztlich essen wir unsere eigenen Mülltüten auf", meint Gorsky sarkastisch.
Besonders dramatisch sei die Lage an der südlichen Mittelmeerküste, warnt Dumontet, der erst kürzlich in Algerien war. Im Golf von Bejaia etwa hätten die Fischer je zur Hälfte Fische und Müll in ihren Netzen.
Die Aktion "Mittelmeer in Gefahr" hat daher ein Ausbildungsprogramm für die südlichen Anrainerstaaten lanciert. Ziel sei es, auch dort Müllkarten zu erstellen, sagt Dumontet.
Es sei höchste Zeit zum Handeln: "Wenn die Verschmutzung im gegenwärtigen Tempo weitergeht, ist das Mittelmeer in 30 bis 40 Jahren tot."